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Jetzt anmeldenSpot Farming ist eine neuartige, bislang experimentelle Methode des Pflanzenanbaus, bei der die grundlegenden Bedürfnisse der Kulturpflanzen stärker im Mittelpunkt stehen. Dazu wird die Ackerfläche in kleine Bereiche mit ähnlichen Eigenschaften unterteilt und durch autonome Maschinen standort- und pflanzenspezifisch bewirtschaftet. Ziel ist eine nachhaltige Intensivierung des Anbaus: Mit einem geringeren Einsatz von Dünger und Maßnahmen zum Pflanzenschutz sollen höhere Erträge gewonnen werden.
Bis zur Umsetzung des Spot Farmings sind noch ganz konkrete Fragen zu klären, darunter: Wie groß sollte ein Spot mindestens sein, um sinnvoll bewirtschaftet werden zu können? Welchen Einfluss hat der Schattenwurf umliegender Bäume und Objekte? Welche Fruchtfolgen und Kulturen eignen sich für die kleinteilige Bewirtschaftung? Diesen Aspekten gehen die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Agrar auf den Grund.
Größe der Spots
In Bezug auf die Größe und Bewirtschaftung der Spots berücksichtigen die Wissenschaftler*innen sowohl herkömmliche Agrartechnik als auch innovative Robotertechnik. Dabei betrachten sie die Grenzlinien der einzelnen Spots als mögliche Fahrwege. Um optimale Fahrwege zu ermitteln, können unterschiedliche Algorithmen verwendet und hierfür die Kantenlängen der Spots (auch Kantengewichte genannt) oder die Ecken der Spots (sogenannte Knoten) genutzt werden. Spots, die sich in der Nähe der Startposition der Agrar- bzw. Robotertechnik befinden (oftmals die Feldeinfahrt), können dabei häufiger Teil des Wegenetzes sein. Die Wissenschaftler*innen testen z. B. den A-Star-Algorithmus oder Minimal-Spanning-Trees. Der A-Star-Algorithmus ist ein Suchalgorithmus, der den kürzesten oder effizientesten Weg von einem Startpunkt zu einem Zielpunkt findet. Minimum-Spanning-Tree ist eine Methode, um eine bestimmte Anzahl von Punkten oder Orten möglichst effizient miteinander zu verbinden.
Spots werden auf der Basis von Bodenart, Bodentyp und Energieangebot generiert. Wenn ein Spot zu klein ist, um mit Agrar- bzw. Robotertechnik bewirtschaftet zu werden, muss er mit einem anderen Spot zusammengefasst werden. Nebeneinanderliegende Spots unterscheiden sich meist in einer der drei genannten Kriterien. Daher stellt sich die Frage, wie zu kleine Spots sinnvoll zusammengelegt werden können. Dafür entwickelten die Wissenschaftler*innen ein Schema mit mehreren Stufen: Zunächst wird geprüft, zu welchem umliegenden Spot der kleine Spot die größte Schnittkante hat. Danach ist herauszufinden, inwieweit die Bodenarten der Spots übereinstimmen, da dies für den Anbau von Kulturen die wichtigste Eigenschaft ist. Sollte die Bodenart des umliegenden Spots mit der größten Schnittkante nicht zur Bodenart des kleinen Spots passen, wird ermittelt, welche der umliegenden Spots dem gleichen Bodentyp entsprechen. Gibt es keinen Spot mit dem gleichen Bodentyp, werden die Spots mit dem gleichen Energieangebot zusammengeführt. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass keine der drei Eigenschaften übereinstimmen, entsteht ein neuer Spot mit nicht übereinstimmenden Eigenschaften, für den das Bewirtschaftungsvorgehen neu definiert werden muss.
Dieses Schema werden die Wissenschaftler*innen in das Open-Source-Tool QGIS überführen, das zur Analyse, Bearbeitung und Visualisierung räumlicher und geografischer Daten genutzt wird. Mit QGIS können Benutzer*innen geografische Informationen wie Karten, Satellitenbilder und verschiedene Datensätze auf einer digitalen Oberfläche darstellen und analysieren. Die Herausforderung bei der technischen Abbildung des Schemas in QGIS besteht darin, dass bei manchen Spots „eckige Reste“ vorhanden sind, die durch Agrar- bzw. Robotertechnik nicht bewirtschaftet werden können. Diese „Reste“ entstehen dadurch, dass in QGIS Rasterdaten (kleine Quadrate in verschiedenen Größen) und Shape-Daten (geschwungene Grenzen) miteinander verschnitten werden, wodurch kleine, eckige Teile übrigbleiben. Für die Bewirtschaftung durch Agrar- bzw. Robotertechnik müssen diese eckigen Kanten geglättet werden, möglichst ohne die eigentliche Fläche des Spots zu reduzieren.
Einfluss von Schattenwurf
Eine weitere Herausforderung beim Spot Farming besteht darin, dass Bäume oder andere größere Objekte einen Schatten auf Spots werfen und dadurch das Pflanzenwachstum beeinflussen. Durch die geplante Erhöhung von Flächen mit Ökosystemdienstleistungen erhöht sich ebenfalls die Anzahl an schattenspendenden Hecken und Bäumen. Um die Auswirkungen des Schattenwurfs zu untersuchen, werteten die Wissenschaftler*innen die Daten eines digitalen Oberflächenmodells einer Beispielfläche westlich von Göttingen aus. Die Fläche bietet sich zur Untersuchung an, da sie hügelig und von Bäumen umgeben ist, sodass sie eine gewisse Variabilität mit sich bringt. Das digitale Oberflächenmodell zeigt die Erdoberfläche im Untersuchungsgebiet, einschließlich aller auf der Oberfläche vorhandenen Objekte wie Gebäude, Vegetation und andere Strukturen. Anhand des digitalen Oberflächenmodells konnten die Wissenschaftler*innen ermitteln, wie groß der Schattenwurf auf der Untersuchungsfläche ist. Zudem konnten sie über QGIS feststellen, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten die Fläche im Schatten liegt.
Darüber hinaus untersuchten die Wissenschaftler*innen, inwieweit sich die beschatteten und die sonnigen Bereiche hinsichtlich Vegetation und Feuchtigkeit unterscheiden. Dafür betrachteten sie die Parameter Normalized Difference Moisture Index (NDMI) und Normalized Difference Vegetaton Index (NDVI), die aus Satellitendaten generiert werden können. Der NDMI wird zur Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes in der Vegetation verwendet. Der NDVI wird genutzt, um die Gesundheit und Dichte von Vegetation auf der Erdoberfläche zu bestimmen. Die Wissenschaftler*innen stellten fest, dass der Feuchtigkeitsgehalt (NDMI) in den beschatteten Bereichen höher war als in den sonnigen Teilen der Untersuchungsfläche. Hier gilt es allerdings zu prüfen, wie belastbar die Satellitendaten sind. Denn Feuchtigkeit wird nicht nur vom Wassergehalt des Bodens an sich beeinflusst, sondern auch von Regen und künstlicher Bewässerung. Hinsichtlich der Vegetation (NDVI) konnten die Wissenschaftler*innen keine Unterschiede zwischen schattigen und sonnigen Flächen erkennen.
Die beiden Indizes NDMI und NDVI eignen sich nicht für den Einbezug in den Spot-Farming-Ansatz. Dafür benötigen wir belastbare, konstante Daten und die Satellitenbilder können diese nicht liefern. Wie der Effekt des Schattenwurfs bei der Erstellung der Spot-Karten miteinbezogen werden kann, ist sehr komplex und bedarf weiterer Forschung. Die Analyse des digitalen Oberflächenmodells und die Datenauswertung in QGIS lieferten vielversprechende Erkenntnisse, die wir weiterhin verfolgen werden. Darüber hinaus suchen wir konstant nach neuen Datensätzen, die zur Erstellung der Spot-Karten genutzt werden können. Dabei stellten wir fest, dass 2024 deutlich mehr Geodatensätze zur freien Verfügung standen als noch zu Beginn des Zukunftslabors Agrar. Eine interessante Datenbank ist ein Umweltportal des Landes Niedersachsens, das zahlreiche Geoinformationsdaten beinhaltet. Jedoch können die meisten Datensätze aufgrund ihrer Auflösung nicht für den Spot-Farming-Ansatz genutzt werden. Die Skalierung muss kleinteilig sein, also mindestens auf 50 Meter heruntergebrochen, da die Spots ebenfalls sehr klein sind.
Auch bei der Optimierung und Automatisierung der Spot-Karten-Erstellung bedarf es noch weiterer Forschung. Das Energieangebot der Spots kann bereits automatisiert aus dem digitalen Geländemodell erstellt werden. Die nächsten Schritte sehen vor, Informationen zur Bodenart automatisiert aus Bodenschätzungskarten abzuleiten und Daten zum Bodentyp automatisiert Bodenkarten zu entnehmen. Diese drei Quellen – das digitale Geländemodell, Bodenschätzungskarten und Bodenkarten – erwiesen sich bisher als äußert zuverlässige Datengrundlagen zur Erstellung von Spots.
Bestimmung der Fruchtfolgen bzw. Kulturen für Spots
Die drei Eigenschaften einer Fläche (Bodenart, Bodentyp und Energieangebot) bestimmen, welche Fruchtfolgen bzw. Kulturen sich für Spots eignen. Das langfristige Ziel der Wissenschaftler*innen ist eine Datenbank mit Vorschlägen zur optimalen Bewirtschaftung der Spots. Zukünftig sollen Nutzer*innen die Eigenschaften der Ackerfläche in die Datenbank eingeben können und Informationen zu geeigneten Fruchtfolgen bzw. Kulturen erhalten. Sollten die Bedingungen nicht optimal sein, könnte die Datenbank zur Bewirtschaftung Alternativen vorschlagen, z. B. die Nutzung der Flächen für Biodiversitätselemente wie Blühstreifen.